Stichwort | Betreutes Wohnen
Wer in der ersten Etage wohnt und auf einen Rollator angewiesen ist, könnte in einem Gefängnis leben. Fünf Treppenstufen sind für viele ein unüberwindbares Hindernis. Wenn ohnehin ein Umzug ansteht, sollten Sie das bedenken – und sich Angebote des betreuten Wohnens näher ansehen.
„Der Begriff Betreutes Wohnen ist gesetzlich nicht geschützt. Deshalb gibt es auch keine rechtlich verbindlichen Vorgaben, was diese Wohnalternative konkret bieten muss.“ (VZ-RLP, 2017, Seite 4) Es muss also genau hingesehen werden.
In der Alltagssprache wäre Wohnen mit Service weniger erklärungsbedürftig. In der Regel geht es um Einrichtungen mit 15 bis 50 einzelnen Wohnungen. Jede Wohnung sollte stufenfrei, also auch mit einem Rollstuhl erreichbar sein – in der Regel gibt es deshalb Aufzüge. (Da ein Aufzug schon mal gewartet werden muss, wäre es gut, wenn Ihr Wohnungseingang über zwei verschiedene Aufzüge zu erreichen wäre.) Sie dürfen erwarten, dass das Bad behindertengerecht eingerichtet ist. Meist sind in den Nebenkosten Hausmeister- und Reinigungsdienste eingeschlossen. In manchen Einrichtungen ist die Liste der kostenpflichtigen Serviceangebote sehr umfangreich.*
Oft gibt es eine Cafeteria. Beratungs- und Freizeitangebote stehen für einige Stunden in der Woche auf dem Plan. Ein Hausnotruf gehört nicht zum Standard des betreuten Wohnens. Weitere Serviceleistungen müssen in der Regel mit einem ambulanten Pflegedienst vereinbart werden. Betreutes Wohnen ist „für Menschen mit schwerer Pflegebedürftigkeit oder fortgeschrittener Demenz weniger geeignet“ (VZ-RLP, 2017, Seite 5).
In der Fernsehsendung WISO (ZDF) gibt es Tipps: Wohnen im Alter: Welche Wohnform ist die richtige? ⇗ (17. Juni 2019)
„In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gibt es Gütesiegel für Betreutes Wohnen, die Standards definieren. Ferner legt die DIN-Norm 77 800 Mindestanforderungen fest.“ (NOZ, 2019) Weil in diesem Bereich vieles ungeregelt ist, empfehlen wir: lassen Sie sich individuell beraten. In Pflegestützpunkten sollten auch Listen mit allen lokalen Anbietern von Betreutem Wohnen vorhanden sein.
BAGSO ⇗ und BIVA ⇗ veröffentlichen im September 2019 eine Checkliste. Damit „lassen sich Qualität und Leistungen verschiedener Anbieter anhand konkreter Kriterien wie Lage und Ausstattung der Häuser und Wohnungen, Service- und Dienstleistungen und Kosten vergleichen“: Checkliste | Betreutes Wohnen ⇗.
Heinz Rothgang hat verschiedene Finanzierungskonzepte der Betreiber von Betreutem Wohnen untersucht. Der Leistungskatalog der Pflegeversicherung sei wieder und wieder um Regelungen ergänzt worden, die es leichter machen sollen, nicht in ein Altenheim zu ziehen. „Findige Anbieter“ könnten „verschiedene Leistungen stapeln“: Tages- + Nachtpflege, Sachleistungen oder Wohngruppenzuschläge. Addiert werden Gelder der gesetzlichen Krankenkasse für „häusliche Krankenpflege“. Rothgang kommt zum Schluß, das so „doppelt so viel Geld pro Pflegebedürftigem“ auf der Rechnung stehen könnte, wie in einem Altenheim. (SZ, 2019d) Noch ein Grund mehr, Beratung, zum Beispiel durch Pflegestützpunkte in Anspruch zu nehmen.
Betreuung kann viele weitere Bedeutungen haben.
Geht's um die Pflegeversicherung meint Betreuung meist die Zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Dafür steht ab 2017 ein „Sachleistungsbetrag“ von 125€/Monat zur Verfügung, wenn mindestens Pflegegrad 1 bewilligt wurde.
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Quellen:
– Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ), 2019
– Süddeutsche Zeitung (SZ) 2019d: Teurer statt besser ⇗, Artikel von Rainer Stadler zur Finanzierung des Betreuten Wohnens auf www.sueddeutsche.de
– VZ RLP, Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, 2017
[ausführliche Quellenangaben]